In den letzten Jahren ist meine Lust am Zeichnen wieder gestiegen. Am Wochenende ergab es sich, dass ich eine Aktzeichenstunde des Ebersberger Kunstvereins besuchen konnte. Es war kein angeleiteter Kurs, sondern eher eine Möglichkeit in einem festen Rahmen Gelegenheit zum Aktzeichnen zu haben. Im Studio an der Rampe sammelten sich eine handvoll ZeichnerInnen um das Modell. In zwei Stunden skizzierten wir erst im 5- Minuten-Takt, später mit mehr Zeit pro Pose.
Strich für Strich mehr Sicherheit
Für mich war es trotz gestalterischer Ausbildung und Studium tatsächlich das erste Mal, dass ich die Möglichkeit zum Aktzeichnen hatte. Am Anfang fühlte ich mich noch etwas steif und unbeholfen. Die 5-Minuten-Übungen waren gut, um etwas mehr Lockerheit und auch Sicherheit in meinen Strich zu bringen. Ich begann mit Bleistift, wechselte aber schon bald zu Finelinern. Das Arbeiten auf getöntem Papier bot mir zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten, da ich schwarze und weisse Stifte kombinieren und so mit Kontrasten und Ebenen spielen konnte. Der Vormittag hat mir richtig Spaß gemacht. Ich war konzentriert und versunken. Die Zeit verging wie im Flug.
Die Skizzen habe ich daheim liegen lassen. Die ein oder andere läd ein, noch weiter damit zu arbeiten. Vielleicht mit Schrift? Ich probierte es direkt aus und ergänzte eine der Zeichnungen mit ein paar Worten von Rainer Maria Rilke. Ja, diese Kombination möchte ich weiterentwickeln. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Zeichenstunde.
Über die Geduld
– Rainer Maria RilkeMan muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären…Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.Er kommt doch!
Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit
vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit…Man muss Geduld haben
Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.
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